(gegen Norwegen und gegen Deiche)
Ich werde langsam alt. Woran ich das gemerkt habe? Daran, dass ich am Abend mit meiner Frau auf dem Sofa sitze: „Weißt du noch, früher … … … … … … … Da … war der ganze Winter weiß und wir haben riesige Schneemengen bis in den ersten Stock gehabt. Bis in den April hinein!“
Das ist aber auch zu dumm, dass wir gerade jetzt leben, in dieser Klimawandelübergangszeit. Ich meine, Frieden ist schon toll. Aber Klimawandelübergangszeit? – Ätzend! Übergang ist immer doof. Nichts Halbes und nichts Ganzes.
In fünfzig Jahren, das wäre besser. Da musst du dir nicht mehr die Frage stellen: Noch klettern oder schon Ski fahren? Oder: Noch Ski fahren oder schon klettern?
Verregneter Juli, August und September? – Egal, juckt nicht, klettern wir eben die „Steuri“ im Januar. Da hätte es in solchen beliebten Routen vielleicht auch mehr Ruhe. Ich meine, weil sich der Ansturm auf 365 Tage anstatt auf fünf oder zehn verteilen kann.
Und man könnte viel leichter vom Sport auf Schnee endgültig Abschied nehmen und das Surf-Erlebnis auf das Wasser umlagern.
Stattdessen will man am Alten festhalten. Schlimm, dieses Älterwerden. Also braucht man gar keine Skiführer groß wälzen, diese Rother und Rother alpin und wie sie alle heißen, weil ob die durchgewälzten Regionen dann auch Schnee abbekommen, ob’s günstiger ist im Norden oder im Süden oder eher West anstatt Ost oder eine Kombination aus beiden – das steht in den Sternen. Oder gleich Norwegen. Da muss es doch wohl noch Schnee geben. Das scheint mir eh der Tipp zu sein. 600 Kilometer Auto fahren zu wenig? Zack: Norwegen! 3000 Kilometer. Ätsch!
Jeder Skifahrer will derzeit nur noch nach Norwegen, scheint mir. Ich weiß gar nicht, ob’s da überhaupt tatsächlich schon Schnee gibt. „Und, wo fährst du hin zum Skitouren?“ – „Irgendwohin in die Alpen.“ – „In die Alpen? *arrogantes Lachen* Oh ha, wie old-school. *arrogantes Lachen* Gibt’s da überhaupt noch Schnee?“ – „(Momentan nicht…) Und jetzt halt‘ du die Fresse, du in deinem Norweger-Pulli!“
Aber man kann ja noch hoffen. Oder sich selbst bemitleiden. Das mache ich sowieso am liebsten, also das mit dem Hoffen. Letzten Winter hat das auch geholfen, warum also nicht heuer wieder? Das, das Hoffen, ist so wie die Welle, die ständig an die Deichmauer schlägt (du siehst, ich bin schon ganz auf Winterwassersport umgestellt, weil ich erkenne die Zeichen der Zukunft). Wie die Welle jedenfalls. Deprimierend. Lange Zeit deprimierend. Und dann schafft sie’s doch mal über den Deich. Und über die kleine Pfütze Salzwasser, die sie hinter der Mauer zurücklässt, freust du dich wie ein kleines Kind und träumst schon vom Bau riesiger Meerwasserentsalzungsanlagen und kannst dein Glück nicht fassen. Wie war das früher schön, so ohne Deiche!