Tja, eigentlich gibt’s viel zu tun. Ich meine: tausende Fotos der letzten Monate sollten an dieser Stelle schon erscheinen. Stattdessen ein Auszug aus meinem Bericht an das Amt für Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit und die Erkenntnis, dass ich zukünftig ohne 100ml-Abwehr-Strahlspray nicht mehr zum Klettern gehe, ja nicht mal mehr das Haus verlasse. Wobei auch schon der Kauf einer JPX (gib das mal bei der Google-Bilder-Suche ein) mir zwischendurch nicht abwegig erschien ;-). Also Popcorn raus und los geht’s:
Anlage
Beschreibung des Vorfalls
Am 09.05.2018 waren meine Ehefrau und ich am Brüggler (1776m), einem Kletter- und Wandergipfel westlich von Näfels, klettern. Nach dem Klettern einer Route im rechten Wandteil stiegen wir weiter zum Gipfel auf, um über diesen auf dem Wanderweg anschließend abzusteigen. Auf dem Gipfel trafen wir eine Frau mit zwei kleineren Kindern an. Nach kurzer Rast schien uns ein rascher Abstieg geboten, denn die Quellwolken türmten sich immer höher und wurden immer dunkler. Der Wetterbericht hatte Schauer und Gewitter ab dem frühen Nachmittag angekündigt. Als die Frau sah, dass wir uns an den Abstieg machten, wirkte sie überrascht und wies uns darauf hin, dass sie ihren Hund unangeleint weiter unten zurückgelassen habe, er aber ganz brav sei und nichts tue. Dies glaubend, stiegen wir ab, die Frau und die beiden Kinder verblieben auf dem Gipfel.
Beim Abstieg vom Brüggler kommt man zu einer kleinen Scharte (Punkt 1711m in der Landeskarte), wo eine etwa 6 Meter hohe Felsstufe abgeklettert werden muss. Darunter ist der Weiterweg sehr schmal. Unterhalb dieser Felsstufe sahen wir sofort den unangeleinten Hund, der auf einem Pullover lag. Als er uns sah, sprang er sofort auf und begann zu bellen. Wir hätten gern die Hundehalterin gerufen, doch der Gipfel, wo die Frau mit ihren beiden Kindern noch verweilte, lag außer Rufweite. Auch eine Umgehung dieser Stelle und damit des Hundes ist nicht möglich. Aufgrund oben schon angesprochener Wetterverschlechterung schien uns nach wie vor ein zügiger Abstieg aus Sicherheitsgründen geboten. Ich habe mir beim Bellen des Hundes nichts weiter gedacht und damit begonnen die Felsstufe hinabzuklettern. Das Bellen und Knurren des Hundes wurde intensiver, doch laut der Besitzerin sollte er ja brav sein und nichts tun. Als ich etwa einen Meter über dem schmalen Wanderweg war, griff mich der Hund an und biss mich in den Fuß. An selbem entstanden zwar keine Verletzungen und auch der Schuh blieb heil, doch verlor ich dadurch das Gleichgewicht (ich befand mich immer noch beim Abklettern der Felsstufe) und stürzte den letzten Meter auf den Weg hinab. Dabei blieb ich mit dem Daumen der rechten Hand am Fels hängen, was eine später vom Arzt diagnostizierte Kontusion mit Schwellung, Schmerzen und Bluterguss zur Folge hatte. Durch meinen Absturz sprang der Hund kurz weg, um sich gleich darauf erneut in aggressiver Art mir zu nähern. Ich habe das als erneuten Angriff gedeutet und bin geistesgegenwärtig die Felsstufe eilig wieder hinaufgeklettert, während der Hund nach meinen Beinen schnappte. Glücklicherweise konnte er nicht klettern und glücklicherweise ist meine schwangere Frau nicht als erste die Felsstufe hinabgeklettert. Die Konsequenzen für sie und unser noch ungeborenes Baby möchte ich mir nicht vorstellen.
Wir haben dann solange oberhalb der Felsstufe gewartet, bis die Besitzerin mit ihren beiden Kindern vom Gipfel eintraf. Wir sprachen Sie auf den Vorfall an, sie hielt den Hund fest und begleitet von seinem Knurren konnten wir endlich passieren und weiter absteigen. In der Zwischenzeit verflog das Adrenalin und Schwellung und Schmerzen stellten sich am Daumengelenk meiner rechten Hand ein.
Am für den Brüggler üblichen Ausgangspunkt, dem Parkplatz am Ende des Schwänditals (Punkt 1230m), haben wir dann auf die Besitzerin gewartet, da ich mir ihre Adressdaten geben lassen wollte.
Als die Frau mit den beiden Kindern und dem nach wie vor nicht angeleinten Hund eintraf, rief ich ihr aus der Ferne mein Anliegen zu, was sie bereitwillig akzeptierte. Als ich mich jedoch weiter näherte, griff der Hund mich erneut an und trotz Rufens der Besitzerin biss er mich in die rechte Wade. Er konnte nur durch Festhalten der Besitzerin (und später eines der Kinder) von seinem Angriff abgebracht werden. Auch durch diesen „Biss“ entstanden mir Gott sei dank außer einer kurzen Hautrötung keine Verletzung.
Für beide Vorfälle ist meine Frau Zeuge.
Zur Rede gestellt, meinte die Besitzerin, sie hätte die Leine im Auto „vergessen“, den Hund aber vorher mit dem Pullover angeleint. Wie das gehen soll, ist mir ein Rätsel. Auch widersprach sie sich damit selbst, denn auf dem Gipfel des Brügglers hatte sie noch von ihrem unangeleinten Hund gesprochen.
Den Rest meines Urlaubs in der Schweiz durfte ich dann mit Kühlung und Hochlagerung des doch beträchtlich angeschwollenen und schmerzenden Daumens und Ballens verbringen. An die eigentlich beabsichtigten Aktivitäten – Klettern und Musizieren – war nun nicht mehr zu denken und auch Einschränkungen bei der Verrichtung alltäglicher Dinge musste und muss ich nach wie vor in Kauf nehmen. Seit dem Vorfall habe ich panische Angst vor Hunden. Trotzdem bin ich froh, dass der Hund „nur“ mich und nicht meine schwangere Frau attackiert hat.
Nachtrag:
Das Amt für Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit (für Näfels das Amt Graubünden mit Sitz in Chur) hat mir zugesichert, dem Fall nachzugehen und nötige Maßnahmen zu ergreifen. Leider habe ich aus – wie es heißt – „Gründen des Datenschutzes“ nie erfahren, ob und welche das wohl gewesen sein könnten. Gleichzeitig wurde mir empfohlen, Strafantrag wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen die Halterin des Hundes bei der Kantonspolizei zu stellen, was ich dann auch getan habe. Für alle Nichtjuristen: Strafantrag heißt, die Polizei sammelt die Zeugenaussagen, legt das dem Staatsanwalt vor und der entscheidet dann, ob und welche Strafe (von staatlicher Seite) verhängt wird.
Die Polizei hat die Angelegenheit sehr professionell gehandhabt, was ich als Ausländer, der gegen eine Schweizerin Strafantrag stellt, so nicht vermutet hätte. (Kommunikation erfolgte nur über E-Mail und einmal per Post.)
Der Staatsanwalt hat dann eine Geldstrafe in Höhe von 500,-CHF (also für einen Schweizer mit Schweizer Gehalt eine so lausige Summe wie für einen Deutschen 150,-€) verhängt; 500,-CHF, die an den Schweizer Staat gehen wohlgemerkt (davon mehr als die Hälfte Verfahrenskosten). Dabei habe ich es dann bewenden lassen. Gegen dieses Schreiben der Staatsanwaltschaft hätte ich noch Einspruch erheben können, besonders hat mich der darin verwendete Konjunktiv gestört (der Hund „hätte jemanden verletzten können“ – hat ja auch), der das Strafmaß offensichtlich niedriger hat ausfallen lassen. Aber ich habe es dann aus Unlust, mich mit dem Thema weiter zu beschäftigen, dabei belassen. Wichtig war mir, dass die Besitzerin von staatlicher Seite mitgeteilt bekommt, dass sie da offenbar zu leichtsinnig mit ihrem schlecht erzogenen Hund in der Öffentlichkeit unterwegs ist. Auf eine Zivilklage – also wo es um die Entschädigung für mich gegangen wäre – habe ich übrigens verzichtet (netterweise), Rechtsschutzversicherung dafür hätte ich gehabt und vielleicht auch ein paar hundert Euro (zur Abwechslung: für mich) rausholen können.
Übrigens: Zu einer persönlichen Entschuldigung hat sich die Halterin bis heute nicht herablassen wollen – was mal wieder alle klischeehaften Vorstellungen, die man als Nicht-Tierbesitzer von Hundebesitzern hat, bestätigt.